2. GRÜNDUNG UND NEUBESETZUNG

2.8. KANDIDATUR

WANN IST EINE BEWERBUNG SINNVOLL?

Ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Arbeit des Beirats liegt darin, dass sich genü- gend Bewerber_innen zur Wahl stellen. Die Beiratsmitglieder sind ehrenamtlich tätig. Das heißt, sie bekommen in der Regel eine Aufwandsentschädigung für die Teilnahme an Sitzungen. Sie erhalten aber kein Gehalt oder sonstige finanzielle Zuwendungen. Eine Kandidatur und die Beiratsarbeit setzen viel Engagement voraus. Wer sich für eine Kandidatur bewirbt, sollte motiviert sein und ausreichend Zeit aufbringen können.

SOLL ICH KANDIDIEREN?

Eine gute Orientierung für die Entscheidung zu einer Kandidatur bieten folgende Fragen:

  • Was ist meine eigene Motivation, Mitglied des Beirats werden zu wollen?
  • Wie zuverlässig, verbindlich und mit wie viel Zeit kann ich mich für die Beiratsarbeit engagieren?
  • Welche Eigenschaften bringe ich als Bewerber_in mit?

WAS IST MEINE MOTIVATION FÜR DIE KANDIDATUR?

Die Gründe, warum sich eine Person ehrenamtlich in einem Beirat engagiert, können vielfältig sein. Dahinter steht beispielsweise der Wunsch,

  • politische Verantwortung zu übernehmen, die Interessen der migrantischen Bevölkerung zu vertreten und so gesellschaftliche Sichtweisen und politische Prozesse zu beeinflussen
  • an der Erarbeitung von Lösungen für aktuelle Probleme mitzuwirken und dabei eigene Erfahrungen und eigenes Wissen einzubringen
  • soziale Verantwortung zu zeigen, indem man Menschen bei Schwierigkeiten und Problemen berät und unterstützt
  • die Tätigkeit im Beirat für eigene Lernerfahrungen und die eigene persönliche und berufliche Entwicklung zu nutzen
  • eine Vorbildrolle für andere Menschen einzunehmen
  • Anerkennung für das geleistete Engagement (nicht für das Mandat!) zu erhalten

Jede Person, die im Beirat mitwirken möchte – als gewähltes oder als berufenes Mitglied – sollte in diesen oder ähnlichen Gründen einen Gewinn für sich sehen.

WIE ZUVERLÄSSIG UND INTENSIV WÄRE MEINE MITARBEIT?

Als Mitglied eines Beirats tragen Sie Verantwortung. Daher sollten Sie garantieren können, dass Sie im Falle einer Wahl die mit Ihrem Mandat verbundenen Aufgaben auch voll und ganz wahrnehmen können:

  • an den Beiratssitzungen teilnehmen
  • einen Teil der im Beirat gemeinsam verabredeten Aufgaben übernehmen

WIE GROß IST DER ZEITAUFWAND?

Viele verbinden die Beiratsarbeit in erster Linie mit einigen Sitzungen im Jahr, in denen die Beiratsmitglieder zusammen kommen, bestimmte Themen beraten und Entschei- dungen treffen. Gemessen am Zeitaufwand machen die Sitzungen allerdings nur einen geringen Anteil der gesamten Beiratsarbeit aus. Darüber hinaus gibt es vielfältige weitere Aktivitäten und Aufgaben, die Beiratsmitglieder übernehmen. Dazu gehören zum Beispiel die Organisation von Info-Ständen und Veranstaltungen und die Teilnahme an Arbeitskreisen und Gremien. Außerdem finden Treffen und Veranstaltungen häufig am Abend oder am Wochenende statt.

Damit Sie nicht erst nach einer Wahl feststellen, dass Sie den erforderlichen Zeitauf- wand für die Beiratsarbeit nicht leisten können, sollten Sie sich möglichst vor einer Kandidatur folgende Fragen stellen:

  • welche familiären, beruflichen und andere Verpflichtungen habe ich bereits?
  • wie viele Stunden pro Woche oder Monat kann und möchte ich für die Beiratstätigkeit aufbringen?
  • an wie vielen Sitzungen kann ich teilnehmen?

UNTERSTÜTZUNG STATT MITGLIEDSCHAFT?

Wenn Sie feststellen, dass Ihnen die Zeit fehlt, sich verbindlich und zuverlässig im Beirat zu engagieren, kann es eine gute Alternative sein, den Beirat anderweitig zu unterstüt- zen. Sie können sich bei einzelnen Aktivitäten oder Projekten engagieren, auch ohne Mitglied des Beirats zu sein. Beiratsmitglied zu sein, ohne hinreichend Zeit für die Beiratsarbeit zu haben, hilft niemandem. Im Gegenteil: Wenn mehr als die Hälfte der Beiratsmitglieder nicht an einer Beiratssitzung teilnimmt, ist der Beirat in der Regel nicht beschlussfähig. Wenn Sie so gut wie keine Aufgaben übernehmen können, bedeutet dies zudem, dass andere Beiratsmitglieder diese Aufgaben mit übernehmen müssen.
Eine solche ehrliche Überprüfung der eigenen Möglichkeiten für ein Engagement sollten sowohl die gewählten als auch die berufenen Mitglieder des Beirats vornehmen. Politische Parteien, die Personen mit wenig Zeit und Interesse in den Beirat berufen, zeigen damit, dass sie kommunaler Integrationspolitik nur einen geringen Stellenwert beimessen.

WELCHE EIGENSCHAFTEN SOLLTE ICH ALS KANDIDAT_IN HABEN?

Es sind insbesondere bestimmte persönliche und soziale Eigenschaften, durch die sich möglichst alle Mitglieder eines Beirats auszeichnen sollten. Hierzu zählen unter anderem:

  • Idealismus und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen
  • Kontaktfreudigkeit und Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem
  • Teamfähigkeit und Loyalität gegenüber den anderen Beiratsmitgliedern
  • die Fähigkeit, sachliche Kritik zu akzeptieren sowie Konflikte sachlich auszutragen und Kompromisse einzugehen
  • die Fähigkeit, als Beiratsvorsitzende_r Menschen zu führen sowie Verantwortung an andere abgeben zu können und Aufgaben zu delegieren
  • Sensibilität für die Belange von Menschen mit Migrationsgeschichte
  • gute Kontakte zur migrantischen Bevölkerung

Daneben gibt es viele fachliche und methodische Kompetenzen, die für die Beiratsarbeit nützlich sind. Wenn jedes Beiratsmitglied nur ein paar dieser Kompetenzen mitbringt, kommt im Beirat ein hohes Maß an Wissen und Fähigkeiten zusammen. Wichtiges Fach- wissen, etwa zur Kommunalpolitik und zu integrationspolitischen Themen, kann man sich auch im Verlauf der Beiratsarbeit aneignen. Anhand der Arbeitshilfe „Schlüsselkompe- tenzen“ kann jede Person selbst prüfen, wo sie ihre Stärken und Schwächen hat. Vorteil- haft, aber natürlich keine Vorbedingung, sind frühere Erfahrungen mit Vereinsarbeit oder mit einer anderen ehrenamtlichen Tätigkeit.

WIE KÖNNEN WIR KANDIDAT_INNEN GEWINNEN?

Rechtzeitig vor der anstehenden Wahl müssen Wahlvorschläge aufgestellt werden. Es ist immer gut, wenn sich dabei auch neue Bewerber_innen zur Wahl stellen, die noch nicht im Beirat waren oder sind.
Sprechen Sie Personen an, die Sie für geeignet halten. Motivieren Sie diese zu einer Kandidatur, aber überreden Sie sie nicht! Informieren Sie Interessent_innen darüber, welche Aufgaben im Rahmen der Beiratsarbeit auf sie zukommen können und wie viel Zeit sie einplanen sollten. Die potentiellen Bewerber_innen sollten gut informiert sein. Dann können sie eine fundierte Entscheidung treffen, ob sie kandidieren wollen und im Falle ihrer Wahl das Mandat als Beirat tatsächlich übernehmen können.

Eine schriftliche Zusammenstellung von Informationen über die Beiratsarbeit hilft, Transparenz zu schaffen. Darin sollte enthalten sein:

  • wie häufig Sitzungen des Beirats in der Regel stattfinden
  • in welchen Gremien und Arbeitsgruppen der Beirat noch vertreten ist
  • welche weiteren (zeitintensiven) Aufgaben hinzukommen können
  • wie und mit wem Personen, die an einer Beiratsarbeit interessiert sind, Kontakt aufnehmen und besprechen können, ob eine Kandidatur für sie sinnvoll ist

Um unterschiedliche Perspektiven in die Beiratsarbeit einzubringen, ist es sinnvoll, dass der Beirat vielfältig zusammengesetzt ist:

  • Frauen und Männer
  • jüngere und ältere Menschen
  • unterschiedliche Herkunftsländer
  • unterschiedliche religiöse Zugehörigkeiten
  • unterschiedliche politische Orientierungen

WIE FÜHRE ICH EINEN WAHLKAMPF?

Die Arbeitshilfe „Tipps für Wahlkämpfer_innen” (pdf, 213 KB) vermittelt Ihnen einige Anregungen, wo und wie Sie die Wahlberechtigten zur Beiratswahl ansprechen und über die Wahl informieren können.

KANDIDATUR ALS VORSITZENDE_R EINES BEIRATS – WAS MUSS ICH BEDENKEN?

Der oder die Vorsitzende ist das „Herz“ des Beirats. Ein_e motivierte_r Vorsitzende_r kann die anderen in schwierigen Phasen mitziehen. Das Engagement und die Motivation des/ der Vorsitzenden übertragen sich meistens auf die anderen. Allerdings ist der Arbeitsaufwand für die Vorsitzenden meist noch höher, denn er/sie hat in der Regel die Aufgabe,

  • die Vernetzung der Mitglieder untereinander zu fördern
  • den Informationsaustausch herzustellen
  • zu den Sitzungen einzuladen
  • die Tagesordnung zu erstellen
  • die Sitzungen zu leiten (bzw. wenn andere Mitglieder die Leitung übernehmen, dies zu koordinieren)
  • öffentlicher Ansprechpartner_in und Repräsentant_in zu sein